Hallo an alle,
aus gegebenem Anlass und weil ich am 19.2. an einer Bürgerwerkstatt des Auswärtigen Amtes teilnehme, bei der es u. a. genau um dieses Thema und dessen Lösung geht, möchte ich Euch fragen, was Ihr denkt wie Lösungen aussehen sollten. Kennt Ihr Projekte, etc. die eine Bereicherung waren, die geholfen haben, dass dadurch irgendwas besser lief? Was habt Ihr selber für Ideen?
Ich weiß nicht wie es Euch geht, mich beängstigt es, wenn ich sehe, was auf einmal in Schweden passiert oder die Anschläge auf Flüchtlingsheime in Deutschland neulich sogar mit einer Handgranate, die zum Glück nicht zündete (weil kein Zünder dran war oder weil es tatsächlich einfach Glück war). Natürlich möchte ich Verhältnisse wie in der Kölner Silvesternacht nicht etabliert wissen, das geht gar nicht. Aber ich möchte auch nicht glauben, dass die Österreicher den Griechen gesagt haben, dass sie die Menschen nicht aus dem Meer retten sollen (natürlich eher durch die Blume – nicht so ganz konkret). Und wenn Frau von Storch sagt auf Kinder dürfte geschossen werden und dann nochmal korrigiert nee auf Frauen. Mein Gott, wo sind wir denn bloß angekommen. Wenn ein Mensch, ob nun Mann, Frau oder Kind übers Meer kommt in Seenot gerät, dann halte ich doch kein Gewehr hin, sondern meine Hand. Ich habe mich gefragt, ob sie es wohl wirklich könnte auf ein Kind, das eh schon alles verloren hat zu schießen. Aber ich bin mir auch nicht so ganz sicher, ob ich es wirklich wissen will. Am Ende würde sie es tatsächlich machen. Unterhalten würde ich mich trotzdem mit ihr auch wenn mir dabei nicht wirklich wohl wäre, einfach um besser zu verstehen wie man zu dieser Aussage kommen kann.
Dialog ist immer ne gute Lösung, dem anderen zuhören und versuchen zu verstehen. Der Wunsch auf einen Menschen zu schießen, der ist ja auch aus Angst geboren. Jeden in seiner Angst ernst nehmen, damit man eine Idee bekommt wie man die Angst heilen kann.
Als die Griechen damals den Zaun hochzogen zur türkischen Grenze verminderte sich der Zustrom der Flüchtlinge drastisch, ABER auf der Landseite nicht auf der Meerseite! Von da an blühte das Geschäft der Schleuser, die Menschen übers Meer brachten. Und das Meer hat sich tausende von ihnen geholt! Tausende! Menschen -wie Du und ich! Eltern verloren ihre Kinder, Kinder ihre Eltern. Vielleicht wäre einer von ihnen unsere Schwiegertochter oder Schwiegersohn geworden … ein Freund?
Ich habe nur eine vage Vorstellung davon, was es heißen muss, alles zurück zu lassen, zu sehen wie mein Kind in den Fluten ertrinkt und dann auf Menschen hoffen zu müssen, deren Kultur mir komplett fremd ist, deren Sprache ich nicht spreche, auf ihre Menschlichkeit zu hoffen und was ich dann bekomme ist (wenn ich zur falschen Zeit am falschen Ort bin) geballter Hass. Wie muss man sich da fühlen?
Gewaltbereite Menschen trifft man in allen Religionen und Nationen. Ein Ausleben von Gewalt rechtfertigt das nicht, es macht nur deutlich, es gibt kein „die“ und „wir“. Was man bei „die“ findet, findet man auch bei „wir“ und umgekehrt.
Man hätte 2012 vielleicht den Lampedusen schon besser zuhören sollen. Die zu Italien gehörende Insel hat sich mittlerweile so aufgestellt, dass sie es mit ihren 4500 Einwohnern schafft bis zu 700 Flüchtlinge auf einen Stups aufzunehmen. Ein Erfahrungsaustausch mit denen die schon weiter sind, wäre auch nicht verkehrt.
Auch wenn in Deutschland im Verhältnis gesehen weitaus weniger auf einen Stups untergebracht werden müssen, waren die Deutschen einfach gar nicht vorbereitet. Wenn man es sonst gewohnt ist 10 Gäste aufzunehmen und auf einmal kommen 100, dann kann einen das auch erst mal vor ungeahnte Probleme stellen. Alle brauchen eine Schlafstätte, möglichst geschützt und warm, der ein oder andere braucht ärztliche Hilfe, essen und trinken muss man und das führt direkt zum nächsten Problem, dann muss man nämlich direkt auch noch was anderes … Menschen haben Verdauung. Hört sich ja vielleicht erst witzig an, aber ein nicht zu unterschätzendes Problem. Es gibt ja Dinge, da reden wir nicht gerne drüber, aber andere Kultur bedeutet eben doch auch oft anderer Umgang mit alltäglichem! Was man sich alles für einen Stress hätte ersparen können, wenn man mal andere Nationen gefragt hätte, die schon erfolgreiche Aufnahmen von Flüchtlingen anderer Kulturkreise gewuppt haben.
Unser Toilettengang ist erklärungsbedürftig wie vieles andere auch:
Der Austausch miteinander über unsere unterschiedlichen Kulturen wird wertvoller werden denn je:
Wenn man es schafft einfach mal die Perspektive zu wechseln, können sich uns Welten eröffnen. Man muss die Meinung eines anderen nicht gut, nicht richtig finden, aber es ist so wertvoll, wenn man sie versteht. In die Perspektive des anderen zu gehen ist dafür extrem hilfreich, wenn auch nicht einfach. Und es schadet nicht, wenn man es mal mit einem ironischen Augenzwinkern macht, was auch ruhig ein bisschen pieksen darf:
Ein Freund schrieb mir neulich: "materieller Reichtum ist Verfügungsgewalt über Saatgut“ (die meisten Menschen verstehen nicht Saatgut anzulegen, es zu verwalten und weise auszusähen, sie konsumieren es lieber, weil sie "von der Hand in den Mund" leben wollen).
Es war eine Antwort auf meine Frage, was wohl die 62 Menschen, denen die Hälfte des Weltvermögens gehört, antreibt und dass es doch die beste Lösung sein müsste, wenn man sich einmal mit diesen 62 Menschen an einen Tisch setzen könnte.
Ich antwortete ihm auf sein Statement:
Ich denke auch, dass materieller Reichtum bei denen liegt die die Verfügungsgewalt über Saatgut haben. Das tatsächliche Saatgut, wo ja Monsanto
über Jahre schon versucht die Macht drüber zu erhalten und natürlich auch Saatgut im übertragenen Sinne. Die Frage ist nur, was ist für diese 62 reichsten Menschen dieser Welt Saatgut.
Menschen?
Ich denke ja ähnlich, dass es vielen nicht vergönnt ist zu verstehen wie man wirklich mit Saatgut umgehen muss. Was ich säe, werde ich ernten,
steht glaube ich auch irgendwo in der Bibel und jeder Bauer weiß es auch. Das Beste was man säen kann ist Bildung, da komme ich ja seit Jahren immer wieder drauf zurück. Aristoteles, Galileo und
noch einige andere waren gute Beobachter ihrer Umwelt/Natur. Ob wir Hubschrauber hätten, wenn es keinen Libellen gäbe, ist fraglich. Man kann sich in der Natur alles abschauen wie die Dinge
funktionieren. Eichhörnchen (man könnte auch jedes andere beliebige Tier nehmen) können schon sehr viele Dinge rein instinktiv, wie sie eine Nuss geknackt bekommen, müssen sie aber zum Beispiel
lernen. Menschen müssen lernen wie man effizient! mit Saatgut umgeht. Instinktiv ist eingespeichert wie von der Hand in den Mund funktioniert, wie nachhaltiges aussähen und ernten funktioniert
muss man lernen. Ich glaube gar nicht mal, dass Menschen eine bewusste Entscheidung treffen von der Hand in den Mund
leben zu wollen. Sie tun es, weil das erst mal auch nur genetisch so angelegt ist. Ein paar haben Glück, weil es ihnen schon vorgelebt wurde und
sie es dann richtig nachleben, wobei es dabei unerheblich sein kann, ob sie es verstanden haben oder nicht, es reicht wenn sie es nachleben (es verstanden zu haben wäre aber besser). Der ein oder
andere hat dann vielleicht noch das Glück auf einen Lehrer zu treffen, der es vermittelt und zwar mit Techniken, die auch wirklich greifen (wobei ich noch nicht mal an einen Lehrer aus dem
Schulsystem denke). Und wenn man all dieses Glück nicht hat, zieht es an einem vorbei und man weiß einfach nicht wie es geht und man kann es auch nicht erfragen, weil man das Wissen für die Frage
nicht hat.
Was ich nicht verstehe (wirklich nicht!!): Was treibt diese 62 Menschen an? Was ist so reizvoll die Macht über alles Saatgut (bzw. die
Verfügungsgewalt über das Saatgut) zu haben. Und im Grunde gilt doch auch für sie, dass sie das ernten werden, was sie ausgesät haben. Ich weiß nicht wie Du das siehst, aber ich nehme es so wahr,
dass sie den anderen 7.000.000.000 Menschen so viel Saatgut entzogen haben, das diese (weil ihnen ja nun auch noch die Bildung der effizienten Saatgutnutzung fehlt) gar nicht mehr hochzukommen
wissen. Ich stell mir das manchmal so vor als ginge ich zu meinen Nachbarn, futterte mich da ständig durch und zwar so viel dass diese auf einmal richtig in finanzielle Schwierigkeiten kommen.
Wie sie da wieder rauskommen, sag ich ihnen nicht und lass sie fortan links liegen, haben ja nix mehr im Kühlschrank. Wenn ich das nun nur bei einem Nachbarn mache, interessiert es mein Dorf
nicht so dolle. Ruiniere ich aber auf diese Art und Weise Nachbarn für Nachbarn. Und alle wissen, aufgrund dessen weil man ihnen nicht beibrachte wie es geht Saatgut effizient einzusetzen, nun
nicht mehr wie es weiter gehen soll. Und dann sehen sie aber ich bin stark übergewichtig geworden, kann mich schon nur noch durchs Dorf kugeln, dann wäre es sehr erstaunlich, wenn sie nicht
beginnen würden mich zu hassen. Wenn man es geschickt anstellt, kann man die Masse auf andere Schauplätze umlenken, wo sie ihren Hass entladen können. Aber wenn dann endlich alles kaputt ist und
man auf keinen anderen Schauplatz mehr umlenken kann, dann steh ich da kugelrund und allein auf weiter Flur und alle wissen ich war's. Ich habe die anderen in den Ruin getrieben, um ... um was?
Was ist der Anreiz? Ich komm nicht drauf. Hab ich nicht viel mehr davon, wenn ich ihnen zeige wie es geht, wenn ich sie mit nehme ins Boot, dass ich ihnen das Werkzeug an die Hand gebe, dass sie
für sich selber sorgen können? Wäre es denn wirklich so schlimm die Verfügungsgewalt über Saatgut zu teilen? Wenn ich eins von Jesus und Buddha mit genommen habe, dann das man mehr hat wenn man
teilt. Ich empfinde das auch so. Was wird es ihnen nützen am Ende? Soll am Ende alle Welt bei ihnen die Nahrung kaufen, von Geld, was sie nicht mehr besitzen werden (weil man ihnen ja auch nicht
gezeigt hat, wie sie es effizient nutzen können). Entweder werden sie zeitnah wieder Geld in den Kreislauf bringen müssen oder Bildung und am besten wohl beides. Wenn nichts geändert wird, wird
es sich tot laufen oder habe ich da einen Denkfehler? Mir wurde ja auch nicht beigebracht wie man effizient mit Saatgut umgeht. Was ich weiß, weiß ich durch try and error, wozu ich zum Glück
immer den Mut hatte, also auch auf die Nase zu fliegen.
Diese 62 Menschen an einen Tisch zu holen, ist ja wahrscheinlich leider eine utopische Idee. Welche Ideen gibt es noch, um die Herausforderung nicht zum Problem sondern zur Lösung werden zu lassen?
In jedem Fall ist es wohl nicht nur eine außenpolitische Herausforderung, sondern greift letztlich in alle Bereiche hinein. Die Flüchtlinge haben etwas zu Tage gebracht, was uns einmal mehr verdeutlichen wird, dass wir es uns nicht leisten können nicht global, bereichsübergreifend, zusammenhängend, vernetzt, komplex und empathisch zu denken. Und ich finde sie haben noch etwas zu Tage gebracht, wir werden nichts lösen nur weil wir Regeln aufgestellt haben und noch aufstellen werden. Sie werden unser Spiegel sein, sie werden nachleben, was wir ihnen vorleben. Welche Werte haben wir - wie leben wir sie oder müssen wir uns sogar fragen: Leben wir sie?
Wo mir schon wohler wäre, wenn wir nicht Entscheidungen treffen würden ohne alle Fakten zu kennen, das finde ich nämlich auch sehr beängstigend:
Ich freue mich auf Eure Statements! Entweder hier oder in XING unter:
Die Gruppe ist öffentlich und somit auch einsehbar, wenn man kein Profil in XING hat.
Herzliche Grüße
Bettina
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Gerald Schmid (Mittwoch, 10 Februar 2016 00:20)
Hallo Bettina,
kurz zwei Punkte: 1. Unterkünfte für Flüchtlinge (u. andere ...) - Vorschlag: sämtliche Spielhallen/Casinos schließen u. darin Wohnungen einrichten.
2. Wolf von Fabeck hat gute Ideen, wie das Problem fehlender Arbeitsplätze entschärft werden könnte (ist auch auf andere Länder übertragbar): "Energiesteuer und Energiegeld zur Integration von Langzeitarbeitslosen und Flüchtlingen in das Wirtschaftssystem" http://www.sfv.de/artikel/energiesteuer_und_energiegeld_zur_integration_von_fluechtlingen_und_langzeitarbe.htm
Kurzbeschreibung (Auszug aus dem Vortragstext):
"Würde man die energieintensiven Unternehmen stärker besteuern, die arbeitsintensiven Unternehmen dagegen steuerlich entlasten, so würden die Gewinne bei den arbeitsintensiven Unternehmen steigen und bei den energieintensiven Unternehmen sinken. Die Folge wäre, dass Kapitalgeber stärker in arbeitsintensive Unternehmen investieren. Vorhandene arbeitsintensive Unternehmen würden wachsen und es würden neue arbeitsintensive Unternehmen gegründet."
Viele Grüße,
Gerald
Horst Schulte (Mittwoch, 10 Februar 2016 12:28)
Ich denke darüber nach. Mal sehen, was ich über die Dinge hinaus, die längst in der Diskussion sind, beisteuern kann. Das wird nicht einfach sein. Eben bin ich an einer für hiesige Verhältnisse riesigen Flüchtlingsunterkunft vorbeigefahren. Sie befindet sich außerhalb einer kleinen Ortschaft und liegt in den fast ständigen Nebelschwaden eines großen Kraftwerkes. Keine Ahnung, wie die Menschen dort untergebracht sind. Aber bedrückend ist, wie wir diese Aufgabe teilweise angehen und welche Polarisierung das Thema inzwischen erreicht hat.
Bettina Knierim (Mittwoch, 10 Februar 2016 20:21)
Lieber Gerald und lieber Herr Schulte,
vielen Dank, dass Sie sich beim Sammeln von Ideen beteiligen, darüber freue ich mich sehr!!
Ich habe heute schon zwei sehr interessante Gespräche geführt. Und wunderbare Tipps und Anregungen über twitter wie auch über XING erhalten. Am Wochenende werde ich mal einen Plan zusammen stellen wie ein Changemanagement ablaufen müsste und zwar so, dass man alle Beteiligten wirklich mit ins Boot nehmen kann und dabei alle Ängste und Sorgen auf allen Seiten ernst nimmt.
Ich würde es so zusammen stellen, dass man:
- kurzfristig greifende
- mittelfristig greifende
- langfristig greifende
Umsetzungen durchführen kann und dass dann nochmal untergliedert mit Hilfe vor Ort:
- in Deutschland
- in Europa
- in den Ländern aus denen die Menschen fliehen.
Ich werde die Planung hier veröffentlichen und logischerweise mitnehmen nach Berlin und natürlich auch im nachhinein über den Tag berichten.
Lieber Gerald, ich werde schauen, dass ich auch noch Kontakt zu Herrn Wolf von Fabeck aufnehme und lieber Herr Schult, ich gebe Ihnen recht es hat etwas bedrückendes! Neulich hörte ich das in Köln eine Auffangstation auf dem Friedhof gebaut wird. Also wirklich auf dem Friedhofsgelände, nicht daneben, sondern wirklich auf dem Friedhofsgelände. Ich finde es weder für die Flüchtlinge schön, wie muss man sich da fühlen, noch für die Verstorbenen und deren Angehörige.
Vielen Dank möchte ich nochmal sagen und herzliche Grüße
Bettina